Europa ist Vorreiter, die USA ziehen nach – Was bedeutet der neue SEC-Klimaplan für Unternehmen?

Nachdem Europa in den vergangenen Jahren in den Themen Berichtspflichten und Transparenz bezüglich klimarelvanter Belange eine Vorreiterrolle eingenommen hat, folgt nun auch die USA mit neuen Bestimmungen. 

Sechs Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens veröffentlichte die US-amerikanische Finanzaufsicht – namens Securities and Exchange Commission (SEC) – einen Vorschlag, der die Berichtspflicht für Klimakennzahlen von Unternehmen verschärfen soll: Sie fordert, dass börsennotierte Unternehmen neben ihren Finanzergebnissen auch über ihre CO2-Emissionen und die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen berichten.

Doch für wen genau gilt diese Berichtspflicht und was kommt künftig auf Unternehmen zu? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum neuen Klimaplan.

Welche Unternehmen sind von diesem Vorschlag betroffen?

Zunächst werden die Vorgaben des SEC für alle börsennotierten Unternehmen gelten, die der SEC gegenüber bereits berichtspflichtig sind. Dies schließt auch Nicht-US-Unternehmen mit in den USA gehandelten Aktien ein, die derzeit ein Formular 20-F (SEC-Berichtsvorgabe für alle ausländischen Wertpapieremittenten) einreichen. Privatunternehmen sind von den SEC-Vorschriften ausgenommen, jedoch entscheiden sich viele Unternehmen, die sich auf dem Weg zu einem Börsengang befinden, dafür, die Berichte bereits im Voraus einzureichen. Zu erwarten ist, dass die Vorschrift Ende 2022 verabschiedet und ab dem Berichtsjahr 2023 gelten wird.

Was wird konkret gefordert?

Die Debatte um das Thema Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) findet immer mehr Gehör. Investor:innen beziehen klimabezogene Faktoren zunehmend in Anlageentscheidungen ein und verlangen mehr Transparenz und zuverlässige und vergleichbare Klimadaten. Deswegen verpflichtet die SEC Unternehmen dazu, ihre Treibhausgasemissionen und Klimarisiken auf standardisierte Weise offenzulegen. Führungskräfte sind darüber hinaus aufgefordert, transparent zu machen, wie mit Risiken wie z.B. extremen Wetterbedingungen und Ausfällen in der Lieferkette umgegangen wird.

Dabei basiert der Vorschlag der SEC zu einem großen Teil auf den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD). Diese Empfehlungen ermöglichen eine umfangreiche Berichterstattung über klimarelevante Belange als Teil der Finanzberichterstattung und stellt sicher, dass die Anleger:innen einen umfassenden Einblick in die Kohlenstoff- und Klimarisiken der Unternehmen erhalten. Hier findest du mehr Informationen zur TCFD.

Neben ihren Finanzinformationen legen Unternehmen in ihren Jahresberichten Folgendes vor:

Was ist mit den Scope-3-Emissionen?

Die Scope-3-Emissionen entstehen in der Lieferkette eines Unternehmens und machen oft 90 % oder mehr der Gesamtemissionen eines Produkts oder einer Dienstleistung aus. Unternehmen müssen Scope-3-Daten angeben, wenn diese Emissionen von den Investor:innen als „wesentlich“ eingestuft werden. Dafür gibt es bislang noch keine offiziellen Leitlinien, jedoch ist davon auszugehen, dass die größten Unternehmen alle davon betroffen sein werden.

Obwohl KMU nicht direkt verpflichtet sind, die eigenen Scope-3-Emissionen zu veröffentlichen, enthält der Vorschlag der SEC eine neue Vorschrift: Wenn sie ein öffentliches Ziel zur Emissionsreduzierung haben, müssen sie ihren Plan und die Fortschritte in Bezug auf dieses spezifische Ziel offenlegen. Wenn ihr öffentliches Ziel also Scope-3-Emissionen umfasst, müssen Unternehmen in ihren SEC-Berichten auch dort den Fortschritt angeben.

Trotz Kritik, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung

Am neuen Vorschlag des SEC lässt sich jedoch auch einige Kritik äußern. Zwar wird eine Prüfungspflicht der Anforderungen schrittweise in einem Zeitraum von zwei Jahren eingeführt, jedoch umfasst sie lediglich Angaben zu Scope 1 und 2 und lässt die Scope-3 Emissionen zunächst außer acht. Darüberhinaus gilt sie zunächst nur für große Antragsteller:innen. 

Trotzdem wird deutlich: Der Vorschlag der SEC ist Teil eines Paradigmenwechsels von freiwilligem Klimaschutz hin zu klaren Forderungen von Transparenz und einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Die kommenden Regulationen der SEC können Unternehmen zwar nicht zwingen, Emissionen zu reduzieren, aber es verpflichtet Unternehmen dazu, offenzulegen, bis zu welchem Grad sie ihre Klimaziele verfolgen und welche Fortschritte sie machen. Es trägt enorm dazu bei, dass Unternehmen für ihr Wirtschaften zur Verantwortung gezogen werden und ist ein wichtiges Zeichen gegen Greenwashing. Hier in Europa zeigt sich der Trend in Richtung Transparenz noch deutlicher. Die regelmäßige Offenlegung von Emissionen und Reduktionsplänen ist hier schon Normalität.

Wie bereiten sich Unternehmen auf die kommenden Berichtspflichten vor?

Hier gilt: Je früher desto besser! Auch wenn einige dieser neuen Berichte erst im Jahr 2024 fällig werden – Unternehmen sollten nicht abwarten, sondern sich bereits jetzt auf die künftigen Berichtspflichten vorbereiten. Wenn Unternehmen schon heute die Chance nutzen, die eigene Klimawirkung zu erfassen und zu optimieren, lassen sich nicht nur Kosten einsparen. Klimarelevante Risiken können frühzeitig erkannt und verhindert werden. Dabei erzielen Unternehmen einen Vorsprung bei dem, worauf es wirklich ankommt: schnelle und echte Kohlenstoffreduktion.

Dein Unternehmen treibt die Klimatransformation voran und sucht nach Unterstützung zur Erfassung strukturierter Klimadaten für Transparenz in der Lieferkette und ganzheitlicher Dekarbonisierung? Dann freuen wir uns Dich kennenzulernen und noch heute ein Gespräch auszumachen!

Klimarelevante Kommunikation – Unternehmen schaffen Transparenz

Deborah Iber

Interviewpartnerin: Deborah Iber verantwortet seit 2020 bei LifeVERDE die Bereiche Marketing und Kommunikation. Das LifeVERDE Magazin hat es sich zum Ziel gemacht, die Klimatransformation voranzutreiben, indem es grünen Unternehmen eine Plattform schafft und Konsument:innen damit innovative Produkte und Dienstleistungen verantwortungsbewusster Unternehmen leicht zugänglich macht.

Im Interview mit THE CLIMATE CHOICE berichtet sie darüber, was Transparenz im Unternehmen und authentische Kommunikation nach außen für die Klimatransformation der Wirtschaft bedeutet. 

Welche Rolle spielt Kommunikation aus Deiner Sicht für die Klimatransformation?

Der Klimawandel und die Entwicklung unseres Planeten betrifft uns alle, egal ob Unternehmen oder Privatperson. Jede:r hat in irgendeiner Weise einen Einfluss darauf – durch seine/ihre Kauf-, Mobilitäts-, Verhaltensentscheidungen, etc. Um das unserer Gesellschaft weiterhin bewusst zu machen, aber auch, um Alternativen aufzuzeigen und Tipps an die Hand zu geben, braucht es die richtige Kommunikation. Schließlich sammeln wir unsere Infos täglich über soziale Medien, Nachrichtenseiten, Magazine & Co. Über die diversen Kommunikationskanäle können Themen, die den Klimaschutz betreffen, gezielt an verschiedene Personengruppen herangetragen werden und so im Idealfall zum Umdenken beitragen.

Inzwischen gibt es auch immer mehr Magazine, Social Media Kanäle oder Podcasts, die sich auf die Verbreitung von Nachhaltigkeitsthemen spezialisieren. Auch nachhaltige Unternehmen versuchen vermehrt, durch gezielte Kommunikation etwas zu bewegen, transparenter über ihre Wertschöpfungsketten zu berichten sowie Aufklärungsarbeit zu leisten.

Wie ist LifeVERDE entstanden und wie leistet ihr hierzu einen Beitrag?

Das LifeVERDE-Magazin in der jetzigen Form gibt es seit 2016, davor waren wir unter „umwelthauptstadt.de“ bekannt. Unsere Gründer Marcus und Romek haben umwelthauptstadt 2010 mit derselben Mission gegründet, die wir auch heute als LifeVERDE weiterverfolgen: Nachhaltigen Unternehmen eine Bühne zu bieten und Tipps für einen nachhaltigen Alltag zu verbreiten. 

In unserem Online-Magazin stellen wir nachhaltige Unternehmen und ihre Produkte vor, berichten über Neuheiten und geben Tipps, wie Nachhaltigkeit im Alltag integriert werden kann. Dabei decken wir möglichst viele Lebensbereiche ab, von Möbeln und Hausbau über Kosmetik und Lebensmittel bis zu Mode und Accessoires. Wir möchten damit den Zugang zu Informationen über grüne Alternativen & Co. erleichtern und einen transparenten Überblick schaffen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen bei ihrer bewussten Konsumentscheidung zu unterstützen und für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.

Welche Akteure können sich auf LifeVERDE vorstellen?

Bei uns dürfen sich Unternehmen und Marken vorstellen, bei denen der Nachhaltigkeitsaspekt fest verankert ist – sprich, dass nicht nur die Fassade des Unternehmens grün leuchtet, sondern tatsächliche Bemühungen getan werden, um wirklich nachhaltige Alternativen anzubieten. Das können Unternehmen sein, die einer grünen Branche angehören (z. B. erneuerbare Energien oder Naturkosmetik) und solche, die ihre Produkte und Dienstleistungen auf eine umweltfreundliche und faire Art und Weise entwickeln, dabei bspw. natürliche Materialien verwenden, auf Ressourcenschonung achten, die Müllentstehung reduzieren, etc. 

Auf LifeVERDE findet man nicht nur die perfekten Vorbilder in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch viele Unternehmen, die ihrem Nachhaltigkeitsziel Schritt für Schritt näherkommen. Denn wir sind der Meinung, dass Nachhaltigkeit ein langer und sich stetig verändernder Prozess ist, der mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Und auch diese möchten wir aufzeigen und kommunizieren.

Welche größten Herausforderungen siehst Du für Unternehmen bei ihrer klimarelevanten Kommunikation?

Eine große Herausforderung für die Kommunikation von Unternehmen stellt die Transparenzschaffung dar. Einerseits wünschen sich immer mehr Leute transparente Einsicht in den Herstellungsprozess von Unternehmen, die Arbeitsbedingungen, die verwendeten Materialien usw. Andererseits erfordert es viel Arbeitsaufwand für die Unternehmen, die Themen stets aktuell zu kommunizieren und ein weiteres Problem ist, dass viele Unternehmen ihre Insights wegen Wettbewerbern nicht preisgeben möchten. Auch ist es selbst den Herstellern nicht immer möglich, die Lieferkette genau zu verfolgen. Daher sollte bei allen Beteiligten des Prozesses unbedingt auf glaubwürdige Siegel und Zertifikate geachtet werden. Aber auch das ist nicht immer einfach, weil z. B. vor allem kleine Unternehmen nach umweltfreundlichen und fairen Richtlinien handeln, sich aber keine Zertifizierung leisten können. Dann ist es aber umso wichtiger, die Gegebenheiten auch so zu kommunizieren.

Eine weitere Schwierigkeit ist die Glaubwürdigkeit. Diese hängt sehr stark mit dem Grad der Transparenz zusammen. Je transparenter ein Unternehmen kommuniziert, desto glaubwürdiger erscheint es auch. Wichtig ist vor allem, dass der Auftritt nach außen authentisch und ehrlich ist, dass nicht nur alles „schöngeredet“ wird, sondern auch Herausforderungen und Hürden kommuniziert werden, die die Nachhaltigkeitsvorhaben erschweren. Das versuchen wir z. B. auch innerhalb unserer Interviews mit Unternehmen zu hinterfragen.

Die Menschen durch Kommunikation wirklich zu erreichen und zum Umdenken zu motivieren, ist wie ich finde eine der größten Herausforderungen. Natürlich wird das Bewusstsein für ein nachhaltiges Handeln allgemein immer größer. Trotzdem hängen die allermeisten Leute noch in „alten“ Mustern fest, die nicht immer sehr klimafreundlich, dafür aber gewohnt und vielleicht auch einfacher oder kostengünstiger sind. Für nachhaltige Unternehmen ist es nicht immer einfach, die Leute von ihrem nachhaltigen Produkt zu überzeugen und sie von ihren bisherigen Gewohnheiten „abzubringen“. Dabei möchten wir sie bspw. auch in unserem Magazin unterstützen.

Was sind die zwei Best Practices, die Du Unternehmen mit auf den Weg geben willst?

Das Mode-Unternehmen Salzwasser finde ich ein tolles Beispiel. Auf der Webseite findet man genaue Infos zur Produktionskette der Kleidung und den verwendeten Materialien. Außerdem wird sehr viel über die Folgen der herkömmlichen Textilindustrie aufgeklärt und eingestanden, dass auch das Unternehmen selbst dazugehört – aber aufgezeigt, wie es besser gemacht werden kann.

Das Unternehmen Matcha Karu fällt mir ebenfalls als Beispiel ein. Es wird auf der Seite genau beschrieben, welcher Matcha-Tee aus welcher Region stammt und wie der Verarbeitungsprozess abläuft. Außerdem wird darüber aufgeklärt, was die Bio-Qualität bedeutet und wie sie garantiert wird.

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Was wir alle über TCFD und klimabezogenes Finanzreporting wissen sollten!

Wo wir heute stehen: Am Anfang der größten Transformation der Wirtschaft überhaupt!

Die Klimatransformation der Wirtschaft birgt schon heute spürbare Risiken, bringt aber ebenso viele Chancen mit sich. Entscheider:innen können diese jetzt nutzen, um steigende Kundenanforderungen und Regulation zu erfüllen. Dies entscheidet mit darüber, wie zukunftsorientiert ihr Unternehmen aufgestellt ist und welche Potenziale in Zukunft bestehen, um in der “Net Zero Wirtschaft” erfolgreich zu sein und einen positiven Klimaeinfluss umzusetzen.

Die Transformation wird getrieben durch den Finanzsektor, wer hätte das gedacht? 

Während die Temperatur der Erde immer weiter steigt und somit ganze Ökosysteme und die gesamte Grundlage für menschliche Existenz bedroht, verursachen greifbare Geschäftsverluste, bedrohte Vermögenswerte und zerstörte Infrastruktur ein rasantes Umdenken in der Wirtschaft. Vorangetrieben durch die Finanzbranche, denn hier sind Zahlenveränderungen wie sinkende Gewinne und steigende Kosten in Echtzeit bewertbar. Als Reaktion fordern immer mehr Regierungen und Initiativen des Privatsektors eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen, die schon in naher Zukunft zu disruptiven Veränderungen aller Wirtschaftssektoren führen werden.

Die Herausforderung: Es fehlen transparente, klimabezogende ESG-Informationen 

Die Herausforderung dabei ist, dass Investor:innen, Kreditgeber:innen und Versichernde derzeit keine klare Einsicht darüber haben, welche Unternehmen angesichts der sich ändernden Umweltbedingungen, neuer Technologieentwicklungen und steigender Kundenansprüche bestehen oder sogar gedeihen werden. Und welche Unternehmen wahrscheinlich damit zu kämpfen haben werden, da sie vor allem eins verursachen: negative Klimaeinflüsse.

„Es ist an der Zeit sicherzustellen, dass jede finanzielle Entscheidung dem Klimawandel Rechnung trägt.“ 

– Mark Carney, UN-Sondergesandter für Klimaschutz und Finanzen, Gouverneur der Bank of England, Dezember 2019.

Ohne zuverlässige, klimabezogene ESG-Informationen, also Daten über die konkrete Aufstellung eines Unternehmens in den Bereichen Governance, Social- und Environmental Impact, können Finanzmärkte und Entscheider:innen klimarelevante Risiken und Chancen weder richtig erfassen, noch einpreisen. Sie stehen daher vor einem mühsamen Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft – mit unvorhersehbaren Werteverschiebungen und destabilisierenden Kosten, wenn sich die Industrie alsbald schnell an die neuen Umweltbedingungen anpassen wird.

Umfassende Verpflichtungen zur Offenlegung klimabezogener Informationen 

Zwei Tage vor der COP26 hat es die britische Regierung offiziell gemacht: Ab April 2022 sind Großunternehmen verpflichtet, Informationen gemäß den Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) offenzulegen. Dies bedeutet, dass sich Großbritannien als erstes der G20-Länder rechtlich an dem ansonsten freiwilligen TCFD-Rahmenwerk bindet. Die Vorgaben des TCFD gewinnen allerdings nicht nur in Großbritannien an Bedeutung – Länder auf der ganzen Welt prüfen aktuell, wie sie die dringenden Empfehlungen in ihre eigenen ESG-Richtlinien integrieren. Eines ist klar: Die TCFD-Vorgaben wandeln sich rasant von einer freiwilligen zu einer global verpflichtenden Regelung, die über die Finanzbranche hinaus alle Unternehmen auf kurz oder lang stark in ihrer Art und Weise zu wirtschaften beeinflusst. 

Was heißt TCFD genau und worauf sollten Unternehmen vorbereitet sein? 

In diesem Beitrag führen wir auf, was Entscheider:innen über das vielleicht wichtigste, finanzielle Rahmenwerk der letzten Jahre wissen müssen. Erfahre im Folgenden welche Länder eine verpflichtende Anpassung planen, welche TCFD-Anforderungen besonders relevant sind und mit welchen Auswirkungen auf die eigenen Geschäftstätigkeiten gerechnet werden kann.

TCFD in Kürze 

Das “Financial Stability Board” hat das TCFD-Rahmenwerk seit 2015 auf Wunsch der G20-Finanzministerien sowie der Zentralbank entwickelt, um die Berichterstattung über klimabezogene Finanzinformationen zu verbessern. 2017 veröffentlichte das Board seinen Abschlussbericht. Das Ziel war hier Empfehlungen für eine effektive, klimabezogene Offenlegungen von unternehmensbezogenen Daten zu entwickeln. Herausgekommen ist dabei allerdings viel mehr: Anstatt Unternehmen zusätzliche Berichterstattungspflichten aufzubürden, wurden die TCFD-Empfehlungen mit bereits bestehenden Offenlegungsvorgaben aus dem Bereich des ESG-Reportings abgeglichen und dienen somit heute als ganzheitlicher Leitfaden für einen umfassenden Reportingprozess. So sollen letztendlich auf der einen Seite Unternehmen durch ihre ganzheitliche Berichterstattung geleitet werden und auf der anderen Seite Investor:innen, Kreditgeber:innen und Versicherungsunternehmen Einblicke über klimarelevante Risiken und Chancen ihrer Budgetentscheidungen erhalten. 

Die Bedeutung der TCFD-Vorgaben in Zahlen 

Die G7-Staaten: Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und die USA, verfügen gemeinsam über 32 % des weltweiten BIP und verursachen gemeinsam 23 % der weltweiten Treibhausgasemissionen. Eine aktuelle Studie von Swiss Re ergab, dass die G7-Volkswirtschaften bis 2050 jährliche durchschnittliche Verluste von bis zu 8,5 % verzeichnen könnten, wenn die derzeitigen CO2-Emissionen anhalten. Die Gesamtverluste könnten 4,8 Billionen US-Dollar (3,95 Billionen Euro) pro Jahr erreichen – das Doppelte der BIP-Verluste durch die Covid-19-Pandemie (laut Green Central Banking). Die TCFD-Empfehlungen sollen diesen Klimarisiken der Finanzwelt entgegenwirken und offenlegen, welche Investitionsentscheidungen eine erfolgreiche Klimatransformation begünstigen. 

Klimaschäden von 2017-2019 belaufen sich auf 640 Mrd. $

Value-at-Risk als Folge des Klimawandels bis 2100 liegen bei bis zu $43 Trill. $

  • TCFD, The Need for Climate-Related Financial Disclosure
  • TCFD als Bindeglied zwischen Klimaschutz und Wirtschaft

    Nach eigener Definition verpflichtet sich das Rahmenwerk des TCFD der globalen Markttransparenz und -stabilität. Die internationale Arbeitsgruppe besteht aus 32 Expert:innen der Finanzwelt der G20 – Vorsitzender des TCFD ist Michael R. Bloomberg, Gründer von Bloomberg L.P. Die Task Force wurde zusätzlich von 2.000+ Unterstützer:innen beraten, einschließlich über 859 Finanzunternehmen, die Vermögenswerte von 175 Billionen Dollar verwalten (Stand: März 2021). Die Arbeitsgruppe betont, dass ihre empfohlenen Vorgaben es Unternehmen besser ermöglichen werden, klimabezogene Risiken und Chancen in ihre strategischen Planungsprozesse einzubeziehen. Somit soll das Verständnis von Unternehmen und Anleger:innen für die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels zunehmen, wodurch Märkte in die Lage versetzt werden, Investitionen in nachhaltige und widerstandsfähige Klimalösungen und Geschäftsmodelle zu lenken.

    TCDF identifiziert wesentliche Klimachancen und -Risiken für Unternehmen. 

    Die drei wesentlichen Teile der TCFD-Empfehlungen

    Das Regelwerk der TCFD besteht aus drei wesentlichen Teilen:

    1. Empfehlungen in den vier Kernbereichen
    2. Sieben Grundsätze für eine wirksame Offenlegung
    3. Szenario-Analyse

    Empfehlungen in den vier Kernbereichen

    Die TCFD-Empfehlungen dienen dazu, um statt der allseits bekannten rückwärtsgewandten KPIs (wie CO2, Umsatz oder Produktionszahlen) zukunftsorientierte und klimaaussagekräftige Informationen offenzulegen, die Aufschluss darüber geben, wie gut ein Unternehmen den steigenden Klimarisiken begegnet und ob es wirksam und erfolgreich seine eigene Klimatransformation umsetzt. Diese Informationen liegen bislang – wenn überhaupt – qualitativ in unstrukturierten Textbausteinen in Form von Nachhaltigkeitsreports vor und sollen nun als vergleichbare, validierte Daten mit den Finanzunterlagen einer Organisation, wie z. B. dem Jahresbericht, jährlich und öffentlich zugänglich reportet werden.

    Die Arbeitsgruppe des TCFD bezieht sich auf die Finanzexpertise der G20 sowie bestehender klimabezogener Reportingpflichten zur Entwicklung eines ganzheitlichen Rahmenwerks für klimarelevante, finanzielle Daten-Offenlegung. Die Empfehlungen sind in vier Themenbereiche gegliedert: Governance, Strategy, Risk Management und Metriken & Ziele. 

    Die Informations-Offenlegungen konzentrieren sich auf die vier Kernthemen aller Unternehmen: 

    1. Governance: Offenlegung der Governance einer Organisation in Bezug auf klimabezogene Risiken und Chancen
    1. Strategie: Offenlegung der tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen klimabedingter Risiken und Chancen auf die Geschäftstätigkeit, die Strategie und die Finanzplanung der Organisation
    1. Risikomanagement: Offenlegung wie die Organisation klimabezogene Risiken identifiziert, bewertet und verwaltet
    1. Metriken und Ziele: Offenlegung der Metriken und Ziele, die verwendet werden, um relevante klimabezogene Risiken und Chancen zu bewerten und zu managen

    Sieben Grundsätze für eine wirksame Offenlegung

    Zusätzlich zu den Empfehlungen der Informationsoffenlegung in den vier Kernbereichen, stellt das TCFD sieben Prinzipien für ein wirksames und qualitativ hochwertiges Reporting auf: 

    1. Die Offenlegung sollte relevante Informationen darstellen.
    2. Die Offenlegung sollte spezifisch und vollständig sein
    3. Die Offenlegung sollte klar, ausgewogen und verständlich sein.
    4. Die Offenlegung sollte im Laufe der Zeit konsistent sein.
    5. Die Offenlegung sollte zwischen Unternehmen innerhalb einer Branche oder eines Portfolios vergleichbar sein.
    6. Die Offenlegung sollte zuverlässig, überprüfbar und objektiv sein.
    7. Die ganzheitliche Offenlegung sollte in zeitnahen Abständen erfolgen.

    Szenario-Analyse

    Da klimabedingte finanzielle Risiken in weiten Teilen unvorhersehbar sind, wird Unternehmen empfohlen, verschiedene klimabezogene Szenarien zu erstellen, um die Widerstandsfähigkeit ihrer Strategie zu prüfen und zu erhöhen. Die Szenarioanalyse hilft Unternehmen, potenzielle Auswirkungen einzelner Maßnahmen zu erkennen und zu bewerten sowie vor allem, sich auf alle möglichen Ergebnisse vorzubereiten und ihr Risiko zu minimieren.

    Wer ist von der TCFD betroffen?

    Die TCFD-Empfehlungen sind bislang in weiten Teilen freiwillig, gelten aber für Organisationen aller Rechtsformen sowie in allen Sektoren. Da jedoch immer mehr Regierungen TCFD-angepasste Gesetze einführen, werden immer mehr Unternehmen gesetzlich zur Einhaltung verpflichtet. Heute sind bereits mehr als acht Länder dabei, die TCFD-konforme Offenlegung zur Pflicht zu machen und sie wurde von mehr als 100 Regierungen weltweit befürwortet. Neuseeland war das erste Land, das obligatorische TCFD-orientierte klimabezogene Offenlegung verpflichtend machte. Es folgte die Schweiz, Großbritannien, China und andere Ländern. Die Umsetzung wird jedoch in allen Fällen über mehrere Jahre erfolgen. Regierungen auf der ganzen Welt prüfen aktuell, wie sie die TCFD-Empfehlungen in ihre eigene politische Reaktion auf den Klimawandel integrieren können. 

    Warum sollten sich Unternehmen heute schon auf TCFD einstellen?

    Heute stellt sich nicht mehr die Frage nach dem “Ob der Klimatransformation” – ob also der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft die meisten Wirtschaftszweige und Sektoren betreffen werden wird –, sondern vielmehr nach dem “Wie” – wie also die Intensität und Geschwindigkeit der Klimatransformation die unterschiedlichen Auswirkungen auf Unternehmen gestalten wird. Genau dieses “Wie” ist schwer abzuschätzen und noch schwerer im eigenen Unternehmen zu erfassen. Trotzdem wird ab heute jede:r Entscheidungsträger:in die Herausforderung, finanzielle Risiken und Renditen zu analysieren, erleben. 

    In den meisten G20-Ländern werden Großunternehmen direkt zur Offenlegung ihrer klimarelevanten Informationen bis in die Wertschöpfungskette hinein verpflichtet werden und geben somit schon heute nach und nach die TCFD-Vorgaben an ihre Lieferanten weiter. Aus diesem Grund ist es für alle Unternehmen, auch klein- und mittelständische, von entscheidender Bedeutung, die eigenen klimabezogenen Informationen genau zu berücksichtigen und in der Lage zu sein, diese zu kommunizieren. Die Darstellung klimarelevanter ESG-Informationen im öffentlichen Jahresfinanzberichten wird somit schon in naher Zukunft zum “New Normal” werden. Durch die Umsetzung der TCFD-Empfehlungen werden Unternehmen somit ihre Transparenz in Bezug auf die eigene Klimaleistung für Investor:innen und vielseitige Stakeholder:innen stark erhöhen müssen – und so auch ihre eigene Widerstandsfähigkeit gegenüber möglichen Folgen des Klimawandels besser managen.

    Die Vorteile einer schnellen Umsetzung der TCFD-Vorgaben

    Die Vorteile einer schnellen Umsetzung der TCFD-Empfehlungen fasst die Arbeitsgruppe in den folgenden 4 Punkten zusammen:

    1. Besserer Zugang zu Kapital durch erhöhtes Vertrauen der Kreditgeber:innen
    2. Effiziente Erfüllung bereits bestehender Offenlegungspflichten
    3. Gesteigertes Verständnis von klimabezogenen Risiken und Chancen 
    4. Proaktive Ansprache von Investor:innen und Erfüllung steigender Kundenwünsche

    Mit THE CLIMATE CHOICE Dein Klimamanagement auf TCDF vorbereiten

    Wir unterstützen Unternehmen jeder Größe durch unseren software-gestützten Prozess zur Erfassung und Validierung klimarelevanter ESG-Informationen – dem CLIMATE Performance Assessment – dabei, sich heute schon erfolgreich auf die Vorgaben des TCFD, steigende Kundenwünsche und eine erfolgreiche Klimatransformation einzustellen. Unsere Daten-Plattform automatisiert den gesamten Prozess im eigenen Unternehmen sowie entlang der Lieferkette und macht anschließend individuelle, handlungsorientierte Maßnahmen zur Verbesserung umsetzbar. Von der Datenerhebung über die Analyse und Validierung bis hin zur Einleitung klimarelevanter Dekarbonisierungsmaßnahmen – mit THE CLIMATE CHOICE ermöglichen wir ein zukunftsorientiertes, intelligentes Klimamanagement. Mache Dein Unternehmen zum CLIMATE Champion! Kontaktiere uns gleich und mache ein kostenloses Beratungsgespräch aus. 

    Fairness per Gesetz. Sorgfaltspflicht in der Lieferkette.

    Die globale Wertschöpfungskette macht 80% des Welthandels aus. In 2018 kamen alleine 320.000 Export-Unternehmen in Deutschland auf einen Umsatz von 1.3 Billionen Euro. Im Import waren 775.000 Unternehmen aktiv (BMZ). Dabei entstehen täglich unzählige Kaufentscheidungen entlang der eigenen Lieferkette: Der Kaffee aus Brasilien, die Pflastersteine aus Indien oder das Cobalt aus dem Kongo – sind diese Produkte nachhaltig produziert und vor allem fair für alle Beteiligten? In globalen Lieferketten sind heute 450 Millionen Menschen beschäftigt, da fehlt es leicht an Übersichtlichkeit, Transparenz und klaren Regelungen. Das Lieferketten-Gesetz soll das nun ändern, aus Deutschland heraus. Das hat sowohl etwas mit Umweltschutz zu tun, als auch mit Menschenrechten. Wie dies geschehen soll und was bereits festgelegt ist, findest du im Folgenden heraus.

    Die Diskussion um das Lieferketten-Gesetzt

    Die letzten Monate haben gezeigt, dass Unternehmen, die auf verlässliche Partnerschaften setzen, ihre LieferantInnen kennen und sich gegenseitig unterstützen, ebenfalls krisenfester sind. Das Lieferkettengesetz, das Menschenrechte und Sorge für die Umwelt verpflichtet, soll nun ins Gesetzt verankert werden. Teile der Wirtschaft begrüßen diese verordnete „Sorgfaltspflicht“, andere lehnen sie ab und verweisen auf die Aufgabe des Staates. Sie fordern: Transparenz, Nachhaltigkeit und Fairness, wie bislang üblich durch Leitlinien und freiwillige Verpflichtungen zu regeln. Das aber soll jetzt anders werden.

    Aktuelle Entwicklung des Gesetzentwurfes

    Das Bundeskabinett wird am 26. August den Gesetzentwurf von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) unter dem Namen „Sorgfaltspflichtengesetz“ diskutieren. Frisch nach der Sommerpause scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, um darüber nachzudenken wie wir die zweite Hälfte von 2020 nutzen wollen, um Nachhaltigkeit zurück auf die Agenda zu holen. Das Gesetz sieht daher vor: Unternehmen ab einer Größe von 500 Beschäftigten zur Wahrung von Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten in ihrer „globalen Lieferkette“ zu verpflichten. Konkrete Formulierungen sind bisher allerdings noch nicht veröffentlicht worden.

    Welche Regelungen bestehen bereits?

    Die Bundesregierung setzt bislang auf freiwillige Verpflichtung entlang der Lieferkette. 2018 wurde allerdings im Koalitionsvertrag vereinbart, ein Gesetz zu beschließen, sofern diese Freiwilligkeit nicht eingehalten werden. Vorgaben zu dieser Freiwilligkeit beschreibt der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Dieser wurde Ende 2016 verabschiedet und setzt UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte um, die der UN-Menschenrechtsrat 2011 beschlossen hatte. Darin werden die staatliche Schutzpflicht und die unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte in globalen Lieferketten definiert.

    Warum es jetzt anders werden soll

    Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sehen das Prinzip allerdings als gescheitert an. Sie wollen noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Lieferkettengesetz auf den Weg bringen. Hintergrund ist eine Befragung der Bundesregierung unter deutschen Unternehmen – nur etwa 455 Unternehmen von 2.250 haben befriedigende Antworten zurückgesendet. Weniger als 50% seien somit ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nachkommen, teilten die Ministerien mit.

    Was soll das neue Lieferkettengesetz bringen?

    Das Lieferkettengesetz soll Menschen und Umwelt in der globalen Wirtschaft schützen, im dem die sogenannten „externen Kosten“ in die Produktentstehung mit einberechnet werden müssen. Höhere Kosten durch Sicherheit am Arbeitsplatz, Hygienemaßnahmen oder Umweltschutz würden dann durch höhere Produktpreise sichtbar, aber auch gefördert und unterstützt. Das Motto „Qualität hat seinen Preis“ soll hier zum Tragen kommen. Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung, Arbeitsrechte und Umweltzerstörung sollen verhindert werden sowie illegale Abholzung, Pestizid-Ausstoß, Wasser- und Luftverschmutzung gestoppt werden. Können aber Unternehmen wirklich für das Wirken Dritter zur Verantwortung gezogen werden?

    Wie könnte das konkret in der Praxis aussehen?

    Firmen würden durch das Gesetzt verpflichtet werden, entlang ihrer gesamten Lieferkette ökologische und soziale Mindeststandards durchzusetzen. Regelmäßige Risikoanalysen, konstante Erfassung der eigenen Ökobilanz aber auch lokale Bemühungen, um Transparenz, Fairness und Umweltschutz zu belegen, würden nötig werden. Sprich: die Transitorischen Kosten dieser Lieferketten-Transformation würden mittelfristig ansteigen. Gleichzeitig würden Bußgelder oder der Ausschluss aus Handelszonen bei Verstößen gegen das Gesetz drohen. Ein Preisanstieg für Produkte und Services würde folgen. Speziell in den sogenannten Risiko-Industrien Textilien, Leder und Chemikalien, in denen Lieferketten häufig soziale und ökologische Mängel aufweisen, müssten mit Preissteigerungen rechnen. Kritiker heben daher einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen ab 500 MitarbeiterInnen hervor, für die das Gesetzt verpflichtend wäre. Andersherum würde mehr Transparenz und Fairness in den Lieferketten die Risiken zukünftiger Krisen und umweltbedingter Produktionseinbußen mindern. KundInnen und InvestorInnen könnten ebenfalls positiv auf rasche Änderungen reagieren.

    Kritik

    Für das Verhalten Dritter zu haften, das widerspricht laut KritikerInnen den Regeln der Vereinten Nationen. Probleme in der Umsetzung, Wettbewerbsnachteile und aktuelle Wirtschaftskrisen würden das Gesetz aktuell nicht praktikabel machen – so der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Deutsche Industrie- und Handelskammer. Peter Altmaier sieht das ähnlich.  

     „Dass die Verantwortung jetzt auf die Unternehmen abgewälzt werden soll, ist ungeheuerlich. Und deutsche Alleingänge nützen den Menschen in den Entwicklungsländern überhaupt nicht – sie zementieren nur die Armut in diesen Ländern.“

    Anton Börner (65), Ehrenpräsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA)

    Unterstützung

    Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Zusammenschluss von mehr als 60 renommierter Organisationen, die sich einem gemeinsamen Ziel verpflichten. Nach eigenen Aussagen treten sie für eine Welt ein, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – auch im Ausland. Sie fordern das Lieferkettengesetz – darunter KIK, Nestlé, Tchibo, Rewe, Ritter Sport, Oxfam, Weleda und Vaude. Sie glauben: Freiwillig kommen Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach. Stattdessen sollen sie in Zukunft für Schäden an Mensch und Umwelt – in ihren Lieferketten verursacht oder in Kauf genommen – haften. Sie fordern die Regierung auf zu handeln und schlagen folgende Punkte für das Lieferkettengesetz vor.

    Das soll im Gesetzt stehen

    1. Unternehmerische Verpflichtung in der gesamten Wertschöpfungskette Sorgfalt walten zu lassen. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte müssen sichergestellt werden, Unternehmen müssen ihr Risiko analysieren, wirksame Maßnahmen ergreifen und darüber berichten.
    2. Der Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung soll anerkannt werden. Umweltschäden (wie z.B. Verseuchtes Trinkwasser oder gerodete Wälder), die aus wirtschaftlichen Tätigkeiten entstehen, gefährden oftmals auch grundlegende Menschenrechte.
    3. Eine staatliche Behörde muss dazu befugt sein, die Einhaltung der Menschenrechts- und Umweltschutzvorgaben zu kontrollieren. Sanktionen für Unternehmen, die das Gesetz missachten müssen durch Bußgelder oder den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und der Außenwirtschaftsförderung durchgesetzt werden.
    4. Nicht nur große Unternehmen sollten betroffen sein, sondern alle Unternehmen aus Sektoren mit großen Menschenrechtsrisiken – etwa der Textilbranche, der Auto- oder Chemieindustrie.
    5. Eine zivilrechtliche Haftung muss ermöglicht werden, wenn ein Schaden eingetreten ist. Es muss Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen im Ausland die Möglichkeit gegeben werden, von Unternehmen vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen, wenn sie keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen haben.

    Deutsches Gesetz in der EU

    In Deutschland ist man sich noch uneinig wie das Lieferkettengesetz gestaltet werden sollte. Eines ist allerdings klar: Die Integration in europäisches Gesetz ist dringend erforderlich. Das Wirtschaftsforum der SPD sprach sich daher dafür aus, das Gesetz sofort europäisch zu denken, um „eine Zersplitterung des EU-Binnenmarkts durch unterschiedliche nationale Regelungen“ zu verhindern. So kündigte EU-Justizkommissar Didier Reynders  bereits am 29. April 2020 an, im Jahr 2021 einen Gesetzesentwurf zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht vorlegen zu wollen. Diese Ankündigung wurde von Europaabgeordneten und Befürwortern eines deutschen Lieferkettengesetzes begrüßt.

    Wie geht es weiter?

    Es bleibt abzuwarten, wie die Bundeskabinett reagiert. Als Inspiration könnten ähnliche Gesetzt aus den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz dienen. Transparenz, ja. Da sind sich viele einig. Zu welchen Kosten, das scheint nicht klar zu sein. Ein vorausschauendes Unternehmertum stellt sich besser heute als morgen auf steigende Regulation und Forderungen nach Nachhaltigkeitsstandards ein. Eine frühzeitige Transformation kann Wettbewerbsvorteile sicherstellen und den eigenen Einfluss auf Mensch, Natur und Gesellschaft positiv verbessern. Wir helfen gerne weiter bei Fragen zum Lieferketten-Management.

    Bildquelle: Morning Brew und Donald Giannatti  auf Unplash.com.