Den Product Carbon Footprint für die Dekarbonisierung von Scope 3 nutzen

Der Product Carbon Footprint (kurz: PCF) erfasst die gesamten Treibhausgasemissionen, die ein Produkt in den verschiedenen Phasen seines Lebenszyklus verursacht. Vor allem Beschaffungsabteilungen müssen PCF-Daten von ihren Lieferanten erhalten, um CO2-Hotspots in ihrer Lieferkette zu identifizieren und anzugehen. Aufgrund der hohen Komplexität globaler Wertschöpfungsketten bleibt die Harmonisierung von Berechnungsansätzen und der Vergleich von Ergebnissen jedoch eine große Herausforderung.

Welche Guidelines bieten hier Hilfe und was können Unternehmen tun, wenn ihre Lieferanten keinen PCF zur Verfügung stellen? Das haben wir beim CHOICE Event #51 von Thomas Heine, Co-Vorsitzender und Botschafter des Sustainable Procurement Pledge (SPP) Germany, und Yasha Tarani, Co-Founder und CEO von THE CLIMATE CHOICE, erfahren. Die wichtigsten Erkenntnisse aus ihrem gemeinsamen Vortrag haben wir für Dich zusammengefasst. 

Du willst wissen, wie auch Dein Unternehmen klimarelevante Daten wie den PCF von Lieferanten erfassen und für die Dekarbonisierung von Scope 3 nutzen kann? Dann nimm hier mit uns Kontakt auf und vereinbare ein kostenloses individuelles Beratungsgespräch.

Was ist der Product Carbon Footprint?

Angesichts der drohenden Klimakatastrophe wird die Treibhausgas-Bilanz von Produkten und Dienstleistungen zunehmend kritisch hinterfragt. Der Product Carbon Footprint (PCF) bietet hier eine gute Möglichkeit, den Einfluss eines Produkts auf das Weltklima standardisiert zu erfassen. Der PCF umfasst dabei die Summe aller im Kyoto-Protokoll festgelegten Treibhausgase entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Produkts. Am Anfang der Wertschöpfungskette steht immer die Rohstoffgewinnung, gefolgt von der Produktion und dem Vertrieb bis hin zur Nutzung und die anschließende Verwertung (Recycling).

In Abhängigkeit von der Norm können dabei verschiedene Bilanzgrenzen an den Produktlebenszyklus angelegt werden. In Betracht zu ziehen sind dabei:

Die PCF-Berechnung bietet Unternehmen zahlreiche Vorteile. Mit ihm können sie nachhaltige Optimierungspotentiale ihrer Produkte identifizieren und Produktinnovationen anstoßen. Sie erhalten zudem einen umfassenden Einblick in die Wertschöpfungskette ihrer Produkte und können die Auswirkungen auf die globale Erwärmung genau beziffern und managen.

Die Messung des Product Carbon Footprint

Die Bemessungsstandards des PCF sind durch international geltende ISO-Normen definiert (ISO 14067) sowie durch das GHG-Protokoll („Greenhouse Gas Protocol“). Letztere ist die weltweit anerkannte Vorgabe für die Messung, das Management und die Minderung von Treibhausgasemissionen entlang von globalen Wertschöpfungsketten. Diese machen es jedoch häufig durch ihre Komplexität und mangelnde Transparenz schwer, Ergebnisse zu vergleichen und Berechnungsansätze zu harmonisieren.

Daher tun sich immer mehr Initiativen zusammen, um branchenspezifische Standards für die Berechnung des PCF zu erarbeiten. Ein Beispiel hierfür ist zum einen die PCF-Guideline der Together for Sustainability Initiative (TfS) für die chemische Industrie. Zum anderen hat auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) bereits eine Guideline für die Berechnung im Maschinen- und Anlagenbau veröffentlicht. Dieser Trend wird sich fortsetzen und weitere branchenübergreifende Harmonisierungen in den nächsten Jahren nach sich ziehen.

Zusätzliche oder alternative Klimadaten

Unternehmen, die PCF-Daten von ihren Lieferanten abfragen, um CO2-Hotspots in ihrer Lieferkette zu identifizieren, stehen schnell vor zwei Problemen. Zum einen sind nicht alle Lieferanten in der Lage, einen PCF zu berechnen und zur Verfügung zu stellen, und zum anderen braucht es für eine ganzheitliche Dekarbonisierungsstrategie von Scope 3 deutlich mehr Informationen über den Klimareifegrad der Lieferanten. Was sind dies für Informationen und wie können Unternehmen sie erhalten?

Zunächst ist es wichtig, den Unterschied zwischen sogenannten “Lagging KPIs” und “Leading KPIs” zu verstehen. Lagging KPIs sind historische Daten wie eben der Carbon Footprint des Unternehmens und seiner Produkte. Sie geben lediglich an, was im vergangenen Jahr geschehen ist. Leading KPIs hingegen sind vorausschauende Metriken zur künftigen Klimaleistung von Unternehmen. Sie geben also Aufschluss darüber, ob und in welchem Ausmaß die Klimatransformation eines Unternehmens bereits umgesetzt wird. Hierzu gehört die Prüfung, ob die Lieferanten ihre Klimaziele ernsthaft verfolgen und ob diese mit den eigenen Zielen vereinbar sind. Außerdem gilt es zu prüfen, welche Governance-Prozesse im Unternehmen vorhanden sind, ob das Unternehmen klimabezogene Risiken und Chancen managt und welche Daten bereits offengelegt werden, die dies belegen.

Einen Weg durch den Datendschungel finden

Wie können Unternehmen all diese Datenpunkte sinnvoll nutzen, um den Klimareifegrad ihrer Lieferanten zu bewerten? Das ist keine leichte Aufgabe, denn es gibt so viele Informationen, die man im Dschungel der Rahmenbedingungen und rechtlichen Anforderungen aufspüren könnte. 

Am besten einfach anfangen! Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Um alle wichtigen Kennzahlen zu erfassen und die Klimastrategie der Lieferanten zu verfolgen, empfiehlt es sich, auf bereits etablierte und international anerkannte Berichtsrahmen zurückzugreifen. Dazu gehören in erster Linie die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) für Risikomanagement, Governance, Klimastrategie und Übergangspläne, die Science Based Targets Initiative für Reduktionsziele, die Global Reporting Initiative für Offenlegungsaktivitäten und das Greenhouse Gas Protocol für die Emissionsberechnung.

Diese Rahmenwerke ermöglichen es Unternehmen, die Klimaleistung ihrer Lieferanten im Einklang mit bereits eingeführten und künftigen Standards zu messen und zu vergleichen.

Eine digitale Infrastruktur für Klimadaten der Lieferkette

Für eine effiziente und skalierbare Erfassung dieser Daten stehen bereits spezialisierte Software-Tools zur Verfügung, die sowohl mit internationalen Standards abgeglichene Fragenkataloge als auch eine sichere IT-Infrastruktur für ein unkompliziertes Klimadatenmanagement entlang der Lieferkette gewährleisten. Ein solches Tool ist die Climate Intelligence Platform. Von der Datenerfassung bis zum Monitoring und Engagement bietet sie Unternehmen alles, was sie brauchen, um ihre Klimaziele in der Lieferkette zu managen und erfolgreich umzusetzen. Über die Softwareplattform können sie auf eine Vielzahl von extern auditierbaren Unternehmensrisiko- und Emissionsdaten zugreifen und ihre Lieferanten auf dem Weg der Dekarbonisierung unterstützen.

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Wir danken Thomas Heine und Yasha Tarani für ihre Einblicke in den Product Carbon Footprint und die klimarelevante Datenerfassung entlang der Lieferkette.

Product-Carbon-Footprint: 3 Normen, 3 Anwendungsbereiche.

Die Wirtschaft steuert Richtung Klimaneutralität und immer mehr Produkte werden CO2-neutral produziert, doch was genau braucht es dafür?

Um Produkte klimaneutral zu gestalten, muss zu Beginn der CO2-Ausstoß des Produktes entlang der Wertschöpfungskette bestimmt werden. Dies erfolgt durch die Product-Carbon-Footprint Analyse. Diese erfolgt auf der Grundlage von Normen. Derzeit werden jedoch drei verschiedene Normen genutzt. Jede einzelne verfügt über unterschiedliche Vorteile, Vorgehensweisen und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Analyse der Product-Carbon-Footprints (PCF). Welche Norm eignet sich also für welches Produkt?

Diese Normen gibt es derzeit

PAS 2050: Publicly Available Specification (PAS)

PAS 2050 existiert bereits seit 2008 und wurde vom British Standards Institute veröffentlicht. 2011 wurde die Norm überarbeitet, um diese zu vereinheitlichen und eine internationale Grundlage zur Bestimmung von CO2-Bilanzen von Produkten und Dienstleistungen zu schaffen.

GHG Product

Das GHG Product basierend auf dem GHG-Protokoll ist eine Weiterentwicklung des Produktstandards der 2008 veröffentlichten PAS 2050-Methode. Diese Norm stellt die umfangreichste dar und wurde 2011 herausgebracht. Sie enthält Anforderungen zur Bestimmung von Treibhausgasinventaren sowie zur öffentlichen Berichterstattung dieser.

ISO 14067

Die ISO 14067 ist wahrscheinlich die aktuell verbreitetste Norm zur Erstellung von PCFs. An dieser Norm wird konstant weitergearbeitet, erst 2018 wurde eine Aktualisierung veröffentlicht. Sie legt Grenzen fest, in der ausschließlich der Klimawandel als Wirkungskategorie betrachtet wird. Diese Norm ist auf alle Produkte anwendbar und soll eine transparente Kommunikation der Ergebnisse fördern.

Unterschiede der Normen

Das regeln die Normen unterschiedlich:

Welche Norm ist passend für welche Produktkategorie?

Diese Frage nicht einheitlich zu beantworten, da man die Herstellung von Produkten der gleichen Kategorie nicht generalisieren kann. Jedes Produkt ist individuell, mit folgenden 3 Schritten kann die Auswahl jedoch erleichtert werden.

Schritt 1: Überblick verschaffen

Zur Einordnung des Produktes ist es wichtig sich einen Überblick zu verschaffen und sich Wissen in der Thematik anzueignen. Das kann beispielsweise auf der Grundlage von Schreibtischstudien und internem (und externem) Wissen erfolgen. Dabei sollten folgende Fragen geklärt werden: Was machen Akteure der Branche bereits? Gibt es Initiativen im Sektor, die helfen? Welche Entwicklungen finden in den relevanten Märkten statt? Wie passt dies mit der internen Strategie und den Wünschen von StakeholderInnen zusammen?

Im Folgenden gilt es einen Plan aufzustellen und Prioritäten zu setzten.

Schritt 2: StakeholderInnen bestimmen

Für weitere Schritte ist die Bestimmung von internen und exterenen StakeholderInnen empfehlenswert, genau wie das Aufdecken von Stärken und Schwächen der Produktherstellung. Je nach Prioritäten können dann auch Treffen mit VertreterInnen relevanter Organisationen, Industrieverbänden oder ExpertInnen hilfreich sein.

Dies wird helfen verschiedene Perspektiven auf den PCF zu erhalten.

Schritt 3: Fahrplan und Maßnahmen

Nun sollte ein Fahrplan erstellt werden, der Ambitionen und klare Maßnahmen enthält. Dazu sollte die aktuelle Situation beurteilt werden, genau wie die langfristigen Ziele. Diese Ziele sollten in kleinere, messbare Aktionen aufgeteilt werden. Nur so kann herausgefunden werden, was für das Unternehmen funktioniert und was nicht. Anschließend können die Ziele und Maßnahmen mit den Normen abgeglichen werden.

Fazit

Die verschiedenen Normen zeichnen einen Handlungsspielraum ab, sie bilden einen Rahmen und keine einheitliche Handlungsrichtlinie. So bietet jede Norm seinen eigenen Interpretationsspielraum – ISO 14067 den größten. Somit ist dieser auf die meisten Produktkategorien anwendbar.

Zur Auswahl einer Norm sollte vorher festgelegt werden, was durch den PCF erreicht werden soll. Nur dann kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden.

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Bildquellen: Unsplash