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Der Dreisatz für nachhaltigen Klimaschutz
Ein Blick in die klimaneutrale Zukunft. Gastbeitrag von Jürgen Baumgärtner, Teilnehmer des #CTS2020.
Über den Autor

Jürgen Baumgärtner war Teilnehmer des #CTS2020, ist beruflich als Berater im Umfeld der Energiewirtschaft tätig und engagiert sich privat für Klima- und Umweltschutz – u.a. schreibt er darüber auch in einem persönlichen Blog. Seine Botschaft: die klimaneutrale Gesellschaft wird sich auch in der Struktur unseres Zusammenlebens sowie unserem Verständnis von Ethik und Wohlstand signifikant vom heutigen Status Quo unterscheiden. Seine These: bei diesem generationsübergreifendem Transformationsprojekt kommt es auf jede*n von uns an!
Zeitenwende 2020er Jahre
Mit dem Eintritt in die 2020er Jahre stehen wir zweifelsfrei vor einer Zeitenwende – jedenfalls dann, wenn wir die Folgen der menschenverursachten Klimakrise ernsthaft in den Griff bekommen wollen. Die unmittelbare Dringlichkeit gepaart mit maximaler Komplexität macht diese Herausforderungen zu einer absoluten Herkulesaufgabe. Oder anders ausgedrückt:
„Avoiding climate breakdown will require cathedral thinking. We must lay the foundation while we may not know exactly how to build the ceiling”
Greta Thunberg.
Beim #CTS2020 haben wir Lösungen für eine klimaneutrale Wirtschaft diskutiert. In diesem Beitrag soll es nun darum gehen welche grundlegenden Aspekte wir beachten müssen, damit ein solides Fundament für die klimaneutrale Gesellschaft von Morgen entstehen kann. Ich meine, es sind vor allem die folgenden drei.
Technologie – Machbarkeitstest erfolgreich
In vielerlei Hinsicht wird unser alltägliches Lebens nach wie vor ganz wesentlich von der Verbrennung fossiler Brennstoffe dominiert. Genauer gesagt: die Stromerzeugung hängt an der Kohle, unsere Mobilität am Öl und unsere Heizungen am Gas. Derart emissionsintensiv kann es nicht weitergehen, das ist mittlerweile sogar an der Spitze der EU-Kommission angekommen.
„I’m convinced that the old growth model that is based on fossil fuels and pollution is out of date.“
– so hat es Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des EU Green Deal im vergangenen Dezember formuliert.
Was deshalb jetzt vor uns liegt, dürfte nichts Geringeres sein als eine grüne industrielle Revolution in Form der vollständigen Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften bis spätestens Mitte des Jahrhunderts. Unverzichtbar dafür werden effiziente und skalierbare Technologieinnovationen sein, die gesellschaftliche Prosperität vom Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase entkoppeln. Die regenerative Energieerzeugung aus Wind und Solar liefert dafür eine beeindruckende Blaupause, hat damit doch das industrielle Rückgrat der Klimaneutralität in weniger als 20 Jahren kompetitive Marktreife erreicht. Um aber eine vollumfänglich Fossil freie Systemarchitektur umzusetzen, wird es noch einiger Anstrengungen bedürfen – sowohl in Form von ambitionierten unternehmerischen Investitionsvorhaben, als auch klugen politischen Anreizsystemen. Die Machbarkeit eines solchen Szenarios im europäischen oder gar weltweiten Staatenverbund steht grundsätzlich außer Frage, gibt es doch mittlerweile genügend Forschungsergebnisse dazu. Ab jetzt muss deshalb vor allem eine Devise gelten: Machen! Machen! Machen!

Naturschutz – schütz uns Menschen
„If we don’t protect nature, we can’t protect ourselves.”
Harrison Ford auf dem Global Climate Action Summit.
Die technologische Dekarbonisierung unseres Lebensstils alleine, wird unseren Planeten vermutlich nicht wieder ins Gleichgewicht bringen, dafür ist der unaufhörliche Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen zu verheerend. Denn wenn wir weiterhin ohne Rücksicht auf Verluste die Weltmeere leerfischen und zumüllen, ganze Landstriche dem Anbau von Futtermittel und ausufernden Infrastrukturprojekten opfern sowie den Boden für unseren scheinbar unstillbaren Ressourcenhunger plündern, scheint es fast ausgeschlossen, dass sich eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Natur einstellt. Am Beispiel des Amazonas-Regenwald wird schnell klar, warum die Klimakrise nicht ausschließlich eine technische Herausforderung ist. Dieses tropische Gebiet in Südamerika ist nicht nur ein gewaltiger Kohlenstoff-Speicher und somit eine regelrechte Klimaanlage für unseren Heimatplaneten, sondern agiert auch als biotische Pumpe und beeinflusst damit globale Wetterphänomene. Ernstgemeinter Klimaschutz muss deshalb mehr sein als das Lösen einer abstrakten CO2-Bilanz, vielmehr braucht es ein deutlich erhöhtes Maß an verantwortungsvoller Interaktion mit unserer Umwelt. Und wenn wir es damit wirklich ernst meinen, scheint es auch nicht ausgeschlossen, dass sogar gesamte Ökosysteme sich nahezu vollständig regenerieren. Ein eindrucksvolles Beispiel dazu liefert der TED-Talk von Allan Savory über die Begründung von Wüstengebieten.
Kulturwandel – hin zur ökologischen Moderne
Um wirksame Veränderungen möglichst effektiv zu induzieren, wird es zusätzlich einem Narrativ der ökologischen Moderne bedürfen, welches die Herausforderungen der Klimakrise in ein positives Momentum des menschlichen Fortschritts übersetzt. Der Denkansatz sollte deshalb vielmehr lauten: von der Gesellschaft zum Klimaschutz, und nicht umgekehrt. Die industrielle Massentierhaltung ist zweifelsfrei wegen ihrer Klimaschädlichkeit zu kritisieren, noch viel mehr aber aufgrund ihrer ethisch mehr als fragwürdigen Vorgehensweisen. Ein automobiler Verkehrskollaps belastet in vielen urbanen Umgebungen nicht nur die Luft, sondern ganz wesentlich auch unser Lebensgefühl und die eigene Gesundheit. Mehr Bewegung, weniger Stress und noch dazu frische Impulse für den lokalen Einzelhandel, all das würde eine attraktive Infrastruktur für Fahrradfahrer mit sich bringen. Und wenn wir nicht nur kommunale Wertschöpfungsstrukturen stärken, sondern noch dazu die Abhängigkeit von anderen Energie erzeugenden Länder reduzieren wollen, dann lohnt es sich Stromerzeugung und -verbrauch zu entkoppeln. In letzter Konsequenz gilt es deshalb vor allem an einer Welt zu arbeiten, die nicht nur klimaneutral, sondern in vielerlei Hinsicht auch fairer, inklusiver und resilienter ist. Nur wenn wir diese Aspekte nicht aus den Augen verlieren, wird sich ein gesellschaftliches Engagement entfalten lassen, das den Anforderungen dieses Jahrhunderts gerecht wird.
Technologie, Naturschutz und kultureller Wandel sinnstiftend verbinden
Wie essenziell eine solch ganzheitliche Problembetrachtung ist, unterstreichen nicht zuletzt die Ergebnisse des „Project Drawdown“. Unter den Top-10 Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise finden sich zwei Aspekte, die zumindest ich dort nicht erwartet hätte. Auf Platz 3: „Reduced Food Waste“ und „Educating Girls“ auf Platz 6. Summa summarum bleibt deshalb, wie ich meine, vor allem eine Quintessenz: es geht weder allein um Technologie noch um Naturschutz. Vielmehr dürfte ein guter Ratgeber sein, was Barack Obama einst so wunderbar formuliert hat: „A change is brought about because ordinary people do extraordinary things.“ In diesem Sinne, lasst uns Technologie, Naturschutz und Kultur sinnstiftend miteinander verbinden.
Dein Beitrag im CLIMATE Magazin
Wir danken Jürgen Baumgärter für seinen Gastbeitrag als Reaktion auf den CLIMATE TRANSFORMATION Summit. Welche Fragen hat die Online Konferenz für dich aufgeworfen? Arbeitest du an einer klimarelevanten Lösung und möchtest sie hier vorstellen? Oder hast du ein Thema, zu dem du für deine Arbeit als Klimabeauftragte*r gerne mehr wissen möchtest? Dann schreib uns gerne!
Viel Spaß am See, in der Sonne oder im kühlen Homeoffice.
Dein TeamClimate.