Warum Unternehmen in der Corona-Krise zu KlimaaktivistInnen werden!

„Eine nie da gewesene Herausforderung verlangt eine nie da gewesene Reaktion.. und es benötigt die Mitarbeit der 7,5 Milliarden derzeit lebenden Menschen.“

Berichtet the Lancet Countdown.

Die Aussage klingt zunächst verdächtig ähnlich wie ein Aufruf zum Handeln gegen den Corona-Virus, bezieht sich aber auf den Klimawandel und ist von 2019. Krise gegen Krise ausspielen ist hier aber nicht das Ziel. Vielmehr, was können wir von der Einen für die Andere lernen oder was würde passieren wenn die Welt ähnlich auf den Klimawandel reagiert wie auf COVID-19?

Firmen wie Unilever, E.ON, L’Oreal, Danone, Coca Cola und H&M wünschen eine grüne Wirtschaft nach Corona!

Initiative, bestehenden aus 200 PolitikerInnen, Unternehmen, GewerkschaftsvertreterInnen und Nichtregierungsorganisationen.
Unternehmen wünschen Grün.

2020 ist das Jahr der Neubeginne und des Wunderns. Was ist passiert? Wie kommt es, dass die Wirtschaft gemeinsam mit NGOs und PolitikerInnen eine Wende in der Krisendebatte wünscht? 

„Der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft, der Schutz der Artenvielfalt und die Umgestaltung der Agrar- und Lebensmittelindustrie bieten die Möglichkeit zum schnellen Aufbau von Jobs und Wachstum – und können dazu beitragen, Gesellschaften widerstandsfähiger zu machen.”

So die Aussage der Initiative, bestehenden aus 200 PolitikerInnen, Unternehmen, GewerkschaftsvertreterInnen und Nichtregierungsorganisationen.

Wo aber stehen unser Klima und die Wirtschaft heute? 

  1. Deutschland hatte bereits in 2018 1.200 Klimatote (Hitzewelle / Stürme) und Ernteausfälle bei starker Trockenheit in Millionenhöhe. Insgesamt waren es in den Hitzejahren 2003, 2006 und 2015 fast 20.000 Menschen alleine in Deutschland, die als Klimatote ums Leben gekommen sind.
  2. Hinzu kamen 2018 44.800 frühzeitige Todesfälle in der Bundesrepublik durch schlechte Luftqualität, 8000 davon wurden direkt auf die Verbrennung von Kohle zurückgeführt. Feinstaub sorgt generell für niedrige Luftqualität, dieser stammt unter anderem aus dem Verkehr und der Industrie.
  3. Wirtschaftliche Verluste und Gesundheitskosten durch Feinstaub alleine beliefen sich weltweit auf 20 Milliarden Euro. Die Luftverschmutzung insgesamt hat 2016 zu 7 Millionen Todesfällen geführt, 2,9 Millionen davon habe Feinstaub verursacht.

So zeigt sich die Klimakrise in Zukunft, laut IPCC Report

Laut IPCC Report, sind schon für 2030 starke gesundheitliche Gefahren für uns Menschen, wirtschaftliche Risiken für Unternehmen sowie das Aussterben von vielen Tierarten vorhergesagt, erreichen wir innerhalb der nächsten 10 Jahre keine CO2-Reduktion um 50%. Eine große Zahl und für viele eine provokative Forderung, gerade in der aktuellen Zeit. Doch der Corona-Virus scheint die Aufmerksamkeit wieder zu erwecken und zeigt, dass wir im Hier und Jetzt handeln und Dinge global verändern können. 

Was kann uns Corona also für das Klima beibringen? 

Lernen sollten wir schnell und nicht den selben Fehler wiederholen. Warten alleine kann nicht viel bringen, aber heute können wir handeln. Auch wenn die Klimakrise und ihre Ausmaße weit weg scheint, sie ist im Gange und ihre Risiken werden exponentiell größer. Die aktuellen, nötigen Veränderungen in Richtung Gesundheit und Klimaschutz sind daher immer klarer.

  1. Die freigesetzten Gelder mit Berücksichtigung von Klimaschutz und Gesundheit investieren.
  2. Den Green New Deal auf Kurs halten und umsetzen. 
  3. Die niedrigen Ölpreise zum Ausstieg nutzen: Ab sofort keine Kohle und Erdöl nutzen und innerhalb der nächsten 10 Jahre komplett abschaffen. 
  4. Umfassend unternehmerische und private CO2-Ausstöße in den 7 Impact Kategorien reduzieren: Energie, Bau & Gebäude, Produktion, Transport & Mobilität, Ernährung, Konsum und Digitales.
  5. DrawDown vorantreiben und aktiv CO2 aus der Luft holen.
  6. Offsetting durch kontrollierten CO2-Zertifikathandel nutzen, um weltweit strukturierten Wandel zu unterstützen.
  7. Langfristig das Gelernte aus der Corona-Krise umsetzen: Bewusster konsumieren (auch Fleisch), Pendeln durch Homeoffice und unnötige Geschäftsreisen durch digitales Know-How ersetzen.

Keine dieser Maßnahmen ist einfach umzusetzen. Vor Corona schienen einige sogar kaum denkbar. Aber heute, was ist da noch unmöglich?

Bildquelle: Library of Congress und Unsplash.

Stadt, Land, Flucht. Eine Reise durch Deutschland und unseren Umgang mit Angst. Können wir etwas von COVID-19 lernen?

Sonntag, internationaler Frauentag. Wir kommen um 20.15 zur Primetime in Deutschland an. Der Flieger war voll, kaum jemand trug einen Mundschutz. Und doch war das dieses Gefühl, dass alles anders ist. Einige schauen nervös auf, wenn der Vordermann hustet. Andere spielen mit ihrer Desinfektionsflasche in der Hand. Selbst der Zoll scheint kurz angebunden und geht nicht unbedingt auf Tuchfühlung.  Der Taxifahrer schafft dann Klarheit: seit Wochen ist die Stadt leer. Messen abgesagt, Flüge gestrichen und Reisende lieber im eigenen PKW unterwegs. Die Straßen wirken gleich ein bisschen leerer.

7% weniger CO2-Ausstoß weltweit

Wir sind überrascht, auch wenn man natürlich medial alles mitbekommen hat. Trotzdem fragen wir uns, was macht diesen Wandel aus? Ist es Angst, um die eigene Gesundheit? Vorsicht, sodass sich andere nicht anstecken? Oder eher die Gefahr, dass Wirtschaft und Gesellschaft zum Erliegen kommen könnten? Sicher schwingt alles mit. Doch letzteres ist tatsächlich spannend.

BürgerInnen, ArbeitgeberInnen und Politik übernehmen – nach eigenen Aussagen -Verantwortung für unser politisches und sozio-ökonomisches System. Schützen es mit eingeschränkten Aufenthalten in der Menge, regeln Angelegenheiten online anstatt persönlich, beschränken den Konsum auf notwendige Lebensmittel und erweitern den Spielraum rund um Homeoffice und Online-Konferenzen. Klingt erst einmal ziemlich gut. Viel zitiert ist bereits die Aussage, dass Corona dem Klima hilft. Tatsächlich sank der CO2-Ausstoß weltweit bereits um 6% (Carbonbrief). Laut IPCC müsste dieser Wert ab 2020 jährlich um 7% sinken, wollen wir das 2-Grad-Ziel einhalten. Sind wir also unfreiwillig auf dem richtigen Weg? Zunächst scheint es so. Nur genau einen solchen abrupten Wandel versuchen KlimaforscherInnen seit Jahrzehnten zu verhindern und erarbeiten Strategien, um einen stetigen Veränderungsprozess zu ermöglichen. 350 ppm (350 CO2-Partikel auf eine Million) in der Luft wären OK, momentan sind es 430. Alles was also den Ausstoß von CO2 verhindert ist willkommen. Die Energiebranchen, mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern, aber auch die Zementindustrie, genauso wie die Lebensmittelproduktion und ja auch der weltweite Verkehr müssen sich schnell und radikal ändern.

Was lernen wir aus COVID-19?

Die Reaktion auf COVID-19 zeigt uns also, dass wir gemeinsam weltweit schnell handeln können. Es ist möglich Dinge anders zu tun und sogar wirtschaftliche Risiken in Kauf zu nehmen. Die umgreifende Angst, kann also auch eine Flucht nach vorne sein. Ab heute können wir Verkehr, Geschäftsreisen und Konsum hinterfragen, nach Alternativen suchen und den Wandel ernst nehmen. Nur da ist eben auch die Schattenseite: mehr online Konsum oder private Autofahrten, heißt auch mehr Liefer- und Personenverkehr, mehr CO2 für die Speicherung von Daten (Server produzieren einen großen CO2-Ausstoßes) und auch ein verstärkter Individualismus. Hier liegt ein Problem, wenn nicht DAS Problem auf dem Weg zur CO2-armen-Zukunft. Es klingt abgedroschen, aber: nur gemeinsam können wir die nötigen CO2-Reduktionsmaßnahmen umsetzen.

100 beste Lösungen, die CO2 reduzieren

Mut zur Veränderung.

Das DrawDown Projekt, seit 2017 die „Bibel“ der Best-Practice CO2-Reduktionsmaßnahmen, hat dazu passend ein Update herausgebracht. Die 100 besten Lösungen, um in 10 Jahren weltweit den CO2-Ausstoß zu halbieren und bis 2050 auf null zu bringen, findet man jetzt nach Industrien sortiert und mit genauen Zahlen belegt. Jede Branche findet sich wieder und kann gezielt nach Lösungen suchen. Klimawandel und COVID-19 unterscheiden sich am Ende also doch. Allein Dinge weglassen und einschränken schafft nicht die Lösung. Wir müssen sie tatsächlich radikal neu tun!

Hilfreiche COVID-19 Learnings sind also:

  1. Flächendeckend Homeoffice ermöglichen
  2. Viel weniger Geschäftsreisen und dafür Online-Meetings nutzen
  3. Schulungen zur verbesserten Kommunikation via Internet und Telefon
  4. Sparsam konsumieren

Hilfreiche Klimamaßnahmen bauen außerdem auf:

  1. Erneuerbare Energie und lokale Energiespeichermöglichkeiten
  2. Umstellung aller Technologien, die bislang auf fossile Brennstoffe angewiesen sind
  3. Konsequente Dinvestments aus fossilen Brennstoffen weltweit
  4. Umfangreiche Investitionen, Subventionen und Förderungen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in neue Technologien, Anpassungen und Bildung

Eine lähmende Angst bringt keinen Fortschritt. Aber nur wer Angst spürt, kann mutig sein (Dalai Lama). Vielleicht kann uns also COVID-19 zeigen, wie wir Neues ermöglichen und dieses als Grundstein für nachhaltige Veränderung nutzen können. Anstatt auf die Angst, können wir uns darauf konzentrieren wo wir nachbessern, umstellen oder neu denken können. In diesem Sinne, Gesundheit!

Bildquelle: : Marcin Jozwiak, Alexandra Gorn und Kid Circus auf Unsplash.

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