Reduziert deine Firma wirklich CO2? Der entscheidende Unterschied zwischen Offsetting und Insetting.

10.08.2020 | Lesedauer: 6 Minuten

Wir alle kennen Offsetting als die Lösung, um vermeidlich schnell und einfach klimaneutral zu werden. Egal ob Produkt, Service oder ganze Firma – die Klimaschutzprojekte des globalen Südens bieten CO2-Ausgleich dort, wo er günstig und effizient umgesetzt werden kann. 2019 fand dieser Trend seine erste Hochphase, als über 100 internationale Firmen weltweit verkündeten ihre Klimatransformation zu starten. Darunter auch Monsanto, Coca-Cola und VW. Das lässt einen stutzig werden. Wie schaffen es Großkonzerne ihre Emissionen zu reduzieren und in kurzer Zeit klimaneutral zu werden? Der suspekte Hauch von „Ablasshandel durch Offsetting-Projekte“ liegt in der Luft.

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Hilft Offsetting der CO2-Reduktion?

Um klimaneutral zu werden, empfiehlt die UN die folgenden Schritte zu durchlaufen: CO2 messen, reduzieren und anschließend nicht vermeidbare Emissionen ausgleichen. Die Messung ermöglichen heute viele Beratungsunternehmen und Software-Tools, die Reduktion und der Ausgleich, erfolgt oft durch die selben Anbieter, werfen hingegen noch einige Fragen auf. Die Science-Based-Target Initiative gibt Unternehmen Guidelines an die Hand und empfiehlt wissenschaftsbasierte Klimaziele, um konsequent CO2 einzusparen. So z.B. durch die Umstellung auf 100% Ökostrom, klimarelevante Gebäudeanpassungen, elektrische Antriebe in der Mobilität, CO2-arme Prozesse in der Industrie und der deutliche Ausbau von Recycling und Cradle2Cradle-Design. All diese Schritte erfordern Zusammenarbeit mit Lieferanten und klimakompatible Einkaufsentscheidungen. Von Offsetting hört man hier nichts. Bewusst, denn ein „Emissions-Ausgleich“ wird nicht als Reduktionsmaßnahme anerkannt.

Warum ist Offsetting kein wissenschaftsbasiertes Reduktionsziel?

Offsetting meint, dass Unternehmen ihre errechneten CO2-Emissionen durch Klimaprojekte ausgleichen. Diese sind vielfältig und, wenn seriös, durch führende AnbieterInnen zertifiziert. Ihr Einfluss auf das Klima wird also international anerkannt, wenn auch kritisch hinterfragt und ständig überprüft. Was dem Prinzip des Offsettings fehlt, ist die Betrachtung der eigenen Emissionen. Der CO2-Ausgleich erfolgt durch Offsetting an einem anderen Ort und verändert zunächst nicht die eigenen Emissionen, die durch die Nutzung von Energie direkt (Scope 1 und 2) oder den Bezug von Waren und Leistungen indirekt (Scope 3) entstehen. Als freiwillige Klimamaßnahme ist Offsetting daher ein beliebter und valider erster Schritt, um die eigenen Klimaziele im Unternehmen sichtbar und deutlich spürbar zu machen. Die CO2-Reduktion als solche muss allerdings umfangreicher gedacht werden.

Insetting steht für CO2-Reduktion in der eigenen Lieferkette

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Entscheidend ist der Ort der „Ausgleichsmaßnahme“. Während Offsetting-Projekte einen scheinbar beliebigen Wirkungsort haben und den CO2-Ausgleich häufig zu einem möglichst günstigen Preis abbilden, bietet Insetting die Chance Klimaschutz in der eigenen Lieferkette umzusetzen und einen positiven Einfluss auf umfangreiche Nachhaltigkeitsziele zu erzeugen. Diese Chance kommt mit besonderen Herausforderung, da die meisten CO2-Emissionen und sozialen Problemstellungen entlang der Wertschöpfungskette entstehen. Gleichzeitig gilt deshalb auch: hier liegt das größte Potential zur vollständigen Klimatransformation.

Wie setzt man Insetting um?

Schon 2015 titelte Forbes: Vergesst Offsetting, Insetting ist die Zukunft! Diese Zukunft scheint aber erst jetzt skalierbar umgesetzt zu werden. Bis heute fehlt eine klare Definition von „Insetting-Projekten“ – auch da die CO2-Reduktion in Scope 3 (entlang der eigen Lieferkette) komplex ist. Insetting zielt nicht nur auf Baumpflanzprojekte oder erneuerbare Energie, sondern auch auf den konkreten Wandel gängiger Prozessschritte und Handlungen, um beispielsweise die lokale Biodiversität, Wassereinsparung oder Recyclingfähigkeit von Produkten zu steigern. Neben CO2 als Messungsfaktor, fließen hier ebenfalls Messgrößen des Corporate Social Responsibility-Ansatzes ein. Insetting beansprucht also einen ganzheitlichen Zugang zu gesamten Ökosystemen, Gesellschaften und lokalen Wirtschafsstrukturen.

Was spricht für und gegen Insetting?

Chance

  1. Insetting hat gegenüber Offsetting den Vorteil, dass es Scope 3 berücksichtig
  2. Neben CO2-Emissionen werden ganzheitliche Klima-Faktoren in Betracht gezogen
  3. Die eigene Lieferkette wird resilienter, qualitativ verbessert und langfristig kostengünstiger

Limit

  1. Scope 1 und 2, also die Emissionen, die direkt durch ein Unternehmen entstehen, werden in der Regel nicht verändert
  2. Die Komplexität erzeugt eine vergleichsweise hohe Bearbeitungs-, Recherche- und Investitionsbereitschaft
  3. Die Integration von zahlreichen StakeholderInnen benötigt Zeit und Ressourcen

Ist Insetting heute schon machbar oder noch Zukunftsvision?

Insetting-Maßnahmen sind für jedes produzierende Unternehmen ein sehr relevanter Weg, um den eigenen Einfluss auf das Klima, die Umwelt und Menschen zu verbessern. Klimaneutralität per Definition wird durch Insetting alleine allerdings nicht erreicht. Offsetting als freiwillige Klimaschutzmaßnahme dient zunächst dazu Emissionen auszugleichen, während Insetting das Problem an der Wurzel anpackt und zu wandeln versucht. Dabei gilt: Ein Schritt nach dem anderen. CO2-Reduktion muss der klare Fokus sein, dann ergeben sich Offsetting- und Insetting-Maßnahmen logisch folgend.

Der Umstieg auf erneuerbare Energie in Scope 1 und 2 wird weder als Offsetting noch Insetting bezeichnet. Hier werden Emissionen effektiv reduziert. Gleiches gilt für Vermeidung von Müll- und Wasserverbrauch im Büro. Offsetting hilft aber sich global zu engagieren und Klimamaßnahmen zu unterstützen und so die eigene Aufmerksamkeit auf komplexe Herausforderungen zu lenken. Diese Herausforderungen können dann durch gut strukturierte Insetting-Projekte angegangen werden. Offsetting und Insetting können also ergänzend in einer umfangreichen CO2-Reduktionsstrategie verwendet werden.

Gibt es Beispiele für erfolgreich umgesetztes Insetting?

Burberry gab im Februar 2020 bekannt, dass die Marke einen „Regeneration Fund“ eingerichtet hat, um CO2-Emissionen in der eigenen Lieferkette zu reduzieren. Gemeinsam mit seinen WollproduzentInnen in Australien, plant Burberry regenerative Anbaumethoden zu entwickeln und umzusetzen. Diese sollen die Kohlenstoffabscheidung in Böden, die Gesundheit von Wassereinzugsgebieten und die biologische Vielfalt der Lebensräume fördern.

Ben und Jerry finanzieren das Rwenzori-Projekt in Uganda, das kleinen Vanillebauern beim Bau von Agroforstsystemen unterstützt, um ihre Produktion zu diversifizieren. Dazu wurden in und um die Vanille-Parzellen 100.000 einheimische Bäume gepflanzt, welche Schatten spenden und den Bauern ermöglichen ihr Einkommen zu erweitern.

Nespresso hat über einen Zeitraum von 5 Jahren 600$ Millionen in 10 Millionen Bäume investiert. In Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden pflanzt Nespresso einheimische Baumarten und beauftragt Landwirte und Gemeindemitglieder mit der Pflanzung für diese Initiative.

Was sind die ersten Schritte in Richtung CO2-Reduktion, Offsetting und Insetting?

  1. Die Messung der eigenen Klimaperformance von Lieferanten sowie CO2-Emissionen entlang der Lieferkette ist immer der erste Schritt, um Emissionsquellen zu verstehen und Reduktionspotentiale zu erfassen. Unsere Climate Intelligence Platform hilft hier ein einheitliches Klimamanagement aufzusetzen.
  2. Reduktionsziele können sich an den 7 Climate Impact Kategorien orientieren und sollten konkrete Maßnahmen in einem festgelegten Zeitraum aufzeigen.
  3. Offsetting-Möglichkeiten sind vielfältig und können heute nach eigenen Präferenzen zu einem fairen Preis (ab 10€ die Tonne CO2) freiwillig eingesetzt werden.
  4. Insetting-Projekte benötigen langfristiges Engagement und sollten in einer umfassenden Klimastrategie, insbesondere im produzierenden nicht fehlen.

Die Grundlage für Insetting mithilfe von KI schaffen

AI

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