
Neue Anforderungen an klimakompatible Beschaffung, die heute ganze Lieferketten transformieren
Im Eröffnungs-Panel “Einkauf & Supply Chain” der amc Zukunftswerkstatt konnte unsere Gründerin Lara Obst, gemeinsam mit Elisabeth Fröhlich, Alexander Schreiber, Petra Poschadel-Babik, Jens Berberich, Stephan Link, Michael Niessen den aktuellen Wandel in der Beschaffung sowie im Lieferkettenmanagement beleuchten. Hier die wichtigsten Einblicke in Laras Beitrag.
Die Beschaffung befindet sich angesichts von sogenannten Stapelkrisen in einer nie dagewesenen Belastungssituation. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an eine nachhaltige, klimaneutrale Beschaffung. Wie lassen sich eventuelle Zielkonflikte auflösen?
Wir befinden uns heute zwischen Pandemie und Krieg – der Begriff Krise ist allgegenwärtig. Fakt ist allerdings: Ein zurück gibt es nicht. Wir erleben gerade, wie sich ganze Systeme neu gestalten: Planetare Grenzen sind dabei als maßgeblicher Einfluss eine Dimension, gesellschaftliche Entwicklungen eine andere.
Das Zusammenspiel dieser makro-ökonomischen Veränderungen verlangt insgesamt eine steigende Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Wollen sie dabei Risiken reduzieren und langfristig neue Chancen für sich nutzen, können Unternehmen jetzt Vorreiter:in werden und die Klimatransformation als Climate Champion mitgestalten.
Dabei liegt besonders in der Beschaffung ein erfolgreicher Hebel, da sich hier die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Klimaschutz zeigt. Es besteht jetzt die einzigartige Chance, gemeinsam mit seinen Geschäftspartner:innen Schritt für Schritt Emissionen und Risiken zu reduzieren und gleichzeitig Marktsegmente zu erschließen sowie bestehende Kundenbeziehungen zu verbessern. Durch Kollaboration und Kommunikation lassen sich gemeinsame Mehrwerte aufzeigen und verfolgen, sodass vermeintliche Zielkonflikte häufig aufgelöst werden können.
In der Praxis heißt das, dass die Dimensionen Preis, Qualität und Verfügbarkeit im Idealfall auf dem Fundament Nachhaltigkeit und Klimaschutz basieren und hierdurch verbessert und nicht blockiert werden.
Was kann dabei helfen, damit die Klima- und Nachhaltigkeitsstrategien des Einkaufs angesichts von Lieferkettenchaos nicht auf der Strecke bleiben?
Kurzfristige Veränderung können natürlich nicht von heute auf morgen aufgefangen werden. Langfristig muss der Fokus daher auf Risikominimierung liegen: Das bedeutet Transparenz, Zusammenarbeit und besonders die Integration von Nachhaltigkeit und Klimaschutz in alle Geschäftsbereiche.
Eine Isolierung der Themenbereiche führt allerdings zu einem niedrigen Klimareifegrad, das Unternehmen ist also nur unzureichend auf externe und interne Folgen der Klimakrise vorbereitet. Im Notfall werden dann Nachhaltigkeit und Klimaschutz weggelassen. Eine vollständige Integration in alle Entscheidungen lässt dies nicht zu.
Konkret heißt das: ganzheitliche Einkaufskriterien, Unterstützung der Lieferant:innen bei der Erfüllung von Klimaanforderungen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und Investitionen sowie Anreizsysteme für Geschäftspartner:innen.
Klimatransformation ist komplex. An welchen Herausforderungen scheitern insbesondere mittelständische Unternehmen?
Man schätzt, dass heute bislang weniger als 15 % der Lieferant:innen “Climate Ready” sind, das heißt sie können ihr Klimamanagement bislang nicht strukturieren und notwendige, klimarelevante Daten für Geschäftspartner:innen und Dritte nur unzureichend aufzeigen.
Die ersten Schritte sind dabei leicht gemacht, wir unterstützen dabei mit unserer Software: Dem CLIMATE Readiness Check. Hier werden in 5 Dimensionen nachhaltige und klimaspezifische Kriterien erfasst, um die eigenen Stärken und Potentiale zu erfassen sowie Reporting-Anforderungen zu erfüllen. Diese Daten werden in unserem Dashboard übersichtlich managebar und sind als CLIMATE Scorecard mit Geschäftspartner:innen teilbar.
Die Herausforderung ist also adressierbar, es gilt dabei keine Angst zu haben und einfach anzufangen. Software-Lösungen sind dabei besonders schnell, unkompliziert und kostengünstig nutzbar.
Gibt es Ansätze, die den Prozess vereinfachen, wie kommt man in die Umsetzung?
Unsere Mission ist es, jedes Unternehmen zum Climate Champion und somit fit für die Klimatransformation zu machen. Wir legen daher besonders viel Wert darauf, alle Prozesse einfach und niederschwellig zu gestalten. Unser Climate Readiness Check ermöglicht dabei die Erfassung des Status Quo, zeigt im Ergebnis allerdings direkt Verbesserungspotentiale und konkrete Handlungsfelder auf. Diese lassen sich über die Zeit im eigenen Profil nachhalten.
Für die konkrete Umsetzung wie Klimastrategien, Energiewechsel oder Umstellung von Produktionsprozessen arbeiten wir mit Partner:innen zusammen. Über unsere Datenplattform lassen sich im nächsten Schritt Kund:innen und Geschäftspartenr:innen einladen, um gemeinsam Daten zu teilen, Strategien anzugleichen und Climate Actions bis in die Lieferkette umzusetzen. Hierzu dienen Benchmarking-Ergebnisse, Best Practices und weitere Business Intelligence Insights.
Wie findet man Quick Wins, mittel- und langfristige Themen?
Quick Wins sind für uns Climate Actions in neun Handlungsfeldern, die bereits als erprobte Best Practices bekannt sind. Diese werden aus Benchmarking-Daten erhoben sowie aus der Klimaforschung abgeleitet. Das schöne ist also: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern können getestete Ergebnisse anwenden.
Sie sagen: „Jede Einkaufsentscheidung ist eine Klimaentscheidung.“ Welche Entscheidungsgrundlagen fehlen bislang in der Praxis?
Bis zu 90% der Emissionen eines Unternehmens stammen typischerweise aus der Lieferkette und werden zum Großteil durch Produkte und Services eingekauft. Will man also Emissionen reduzieren, muss man transparent mit Lieferant:innen zusammenarbeiten, um nicht nur CO2-Daten zu erhalten, sondern vielmehr um diese “climate ready” zu machen und durch einen ganzheitlichen Transformationsprozess – entlang internationaler Standards – auf die notwendige Transformation vorzubereiten.
Als einkaufendes Unternehmen ist es also nicht nur wichtig zu wissen: Wo stehen meine Geschäftspartner:innen heute in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klima, sondern wo stehen sie in 5 oder 10 Jahren? Und was können wir gemeinsam tun, um dann den Klimaeinfluss und das gemeinsame Risiko drastisch zu reduzieren.
Klimaneutralität kostet. Wie lassen sich die Klimaziele der Beschaffung trotzdem erreichen?
Fragt sich, wie man Klimaneutralität definiert. Häufig wird der Begriff auf: CO2 Messen und Ausgleichen verkürzt. Die Kosten für Klimaneutralität beziehen sich dann vor allem auf den Einkauf von zusätzlichen CO2-Zertifikaten (aktuell ca. 12 € pro Tonne).
Das reicht allerdings nicht aus und ist nach Reportinganforderungen, Kundenwünschen und Klimaeinfluss unzureichend. Was wir wirklich brauchen, ist CO2-Reduktion. Die lässt sich nur Umsetzen, wenn Potenziale aufgedeckt und bis in die Lieferkette realisiert werden. Hierzu braucht es Zusammenarbeit.
Gemeinsam umgesetzt lassen sich im besten Fall sogar Kosten sparen. Der Wechsel von fossilen Energieträgern und Mobilitätsangeboten zu erneuerbaren Alternativen spart heute schon enorm Geld – und wird es auch in Zukunft weiter. Andere Bereiche wie Prozessumstellungen können die Effizienz steigern und schließlich lassen sich durch Einsparungen Technologien refinanzieren. Studien zeigen, dass im Durchschnitt 50 % der Emissionen mit Kosten von weniger als 10 € reduziert werden können, was bereits günstiger ist als das bloße “Offsetting”.
Freiwilliger Klimaschutz darüber hinaus ist natürlich wünschenswert und keineswegs falsch, aber Einsparungen lassen sich langfristig nur durch Reduktion erzielen.
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