
Ecosia: „Unternehmen müssen Menschen und den Planeten vor Profit stellen.“

Interviewpartner: Dr. Wolfgang Oels war Unternehmensberater bei McKinsey & Company, leitete einmal die größte Solarzellproduktion der Welt, arbeitete für ein Solarstartup in der Nähe von San Francisco und ist heute COO bei Ecosia, der Suchmaschine, die Bäume pflanzt.
Neben ihrer Suchmaschine bietet Ecosia Trees Unternehmen die Möglichkeit, eine ganzheitliche Aufforstung der Wälder zu unterstützen. Im Interview mit THE CLIMATE CHOICE gibt Wolfgang Oels Einblicke in die eigene Klimastrategie von Ecosia sowie Tipps, wie andere Unternehmen ihre Klimatransformation vorantreiben und ebenfalls über „neutral“ und „100 %“ hinausgehen können.
Wir konnten euch Anfang des Jahres bei eurer Klimastrategie begleiten. Was hat sich seitdem bei euch getan?
Wir arbeiten daran, weitere Solarprojekte aufzubauen, um auch bei unserem weiteren rasanten Wachstum zu 200 % erneuerbar zu sein. Wir haben heute über 15 Millionen weltweite User, die gemeinsam mit Ihren Suchen zu einer besseren Welt beitragen. Dank der Solaranlagen und unseren gepflanzten Bäumen entfernen wir mit unseren Suchen viel mehr CO2, als wir ausstoßen und durch die Einspeisung von Solarenergie ins Netz, wird zudem aktiv zur Energiewende beigetragen, weg von fossilen Brennstoffen.
Zudem wollen wir andere Unternehmen motivieren, ebenfalls über „neutral“ und „100 %“ hinauszugehen und die Messlatte für Regierungen und Großkonzerne höherzuheben. Schaut man auf das Pariser Abkommen, so zielt dies auf das Minimum zum absolut letztmöglichen Zeitpunkt und macht daraus ein Ziel für die Regierungen der Welt. Ohne Puffer. Aber: Wenn einer der 190 Staaten sein Ziel nicht erreicht, dann scheitern wir alle. Ebenfalls unzureichend waren die Versprechen der COP26 – hier wurden die Versprechen bezüglich fossiler Brennstoffe im Vergleich zum Pariser Abkommen sogar nochmals geschwächt. All das müssen wir ändern. Unternehmen müssen jetzt regenerativ sein – klimaneutral reicht nicht mehr.
Welche klimarelevanten Herausforderungen seht Ihr im Alltag vieler Unternehmen heute?
Klimarelevante Herausforderungen sind die größte und dringendste Krise, mit der die Menschheit konfrontiert ist. Sie können also nicht einfach einer Abteilung zugeordnet werden oder als Greenwashing-Kampagne genutzt werden. Die größte Herausforderung besteht darin, dass sich Denkweisen ändern und diese darin einfließen, wie Unternehmen geführt werden. Unternehmen müssen Menschen und den Planeten vor Profit stellen. Es ist schwer, Einfluss auf die Lieferketten zu nehmen, insbesondere, wenn es wie bei den Big Tech Oligopolisten keine wirklichen Alternativen gibt. Auch Klimaaktivismus sollte in den Kern der Funktionsweise von Unternehmen integriert werden, um den größtmöglichsten Einfluss zu erzielen. Bei Ecosia zählt es beispielsweise als Arbeitszeit, wenn Mitarbeitende während ihrer Arbeitsstunden an einem Klimastreik teilnehmen – und auch wenn gewaltloser Klimaaktivismus dazu führen sollte, dass Ecosia-Mitarbeitende inhaftiert werden, würde ihre Zeit hinter Gittern als Arbeitszeit zählen.
Wie helft Ihr anderen Unternehmen, klimafreundlich zu handeln?
Wir haben unsere eigenen Plattformen, wie z. B. unsere Suchmaschine oder unseren eigenen Baumpflanzservice, für andere Unternehmen geöffnet. So helfen wir anderen, klimapositiv zu werden und über den eigenen Fußabdruck hinaus zum Kohleausstieg und zu Nature-based Solutions beizutragen. Über Ecosia Trees können Firmen, deren Werte und Visionen mit denen von Ecosia übereinstimmen, mit uns z. B. Bäume pflanzen. Außerdem arbeiten wir mit den Leaders For Climate Action an einem Solarportfolio für Unternehmen, die sich mit 100 % erneuerbarem Strom nicht zufrieden geben.
Was sind die drei Best Practices, die ihr Unternehmen mit auf den Weg geben wollt?
Unsere Gesellschaften befinden sich in einer epochalen Krisensituation. Dem „neutral“ gegenüberzustehen reicht nicht. Unternehmen mit Führungsanspruch müssen höher zielen:
1. Wirklich 100 % echten Grünstrom kaufen (z. B. von Naturstrom, EWS oder Green Planet Energy). Darüber hinaus mit eigenen Kapazitäten Kohle aus dem Netz drücken und wie Ecosia 200 % erneuerbar werden.
2. Auch die Biodiversitätskrise angehen, durch bewussten Einkauf wie die Umstellung von Kantinen und darüber hinaus in Nature-based Solutions investieren.
3. Banken finanzieren unsere Infrastrukturen, im Guten wie im Bösen. Geldgeschäfte daher nur mit sozial-ökologischen Banken (wie z. B. GLS, Triodos oder Umweltbank).
Du bist neugierig geworden und willst wissen, wie Du mit Deinem Unternehmen eine ganzheitliche Aufforstung der Wälder unterstützen kannst? Finde hier mehr Informationen zum Projekt „Ecosia Trees“.
Bildquelle: Unsplash