
Die neuen Klimaziele: Historische CO2-Emissionen von Unternehmen und ganzen Kontinenten
Unternehmen beginnen Pionierarbeit zu leisten, um nicht nur ihren aktuellen CO2-Fußabdruck, sondern auch ihre historischen CO2-Emissionen auszugleichen.
Historischen Fußabdruck ausgleichen
Als Microsoft Anfang dieses Jahres ankündigte bis 2030 CO2-negativ zu werden, ging es noch einen Schritt weiter: Das Unternehmen plant seinen historischen CO2-Fußabdruck seit seiner Gründung in 1975 auszugleichen. Ein Ziel, das andere Unternehmen aufzugreifen beginnen. Zuletzt kündigte Velux an seine historischen Emissionen auszugleichen. Der in Dänemark ansässige Dachfensterhersteller, verspricht erzeugte Treibhausgase aus den letzten 79 Jahren durch Aufforstungs- und Biodiversitätsprojekte zu kompensieren, um „lebenslang klimaneutral“ zu werden.
Verursacherprinzip als Leitsatz
Woher kommen die neuen Klimaziele? Um im Einklang mit dem Ziel des Pariser Abkommens – die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten – zu sein, richten immer mehr Unternehmen ihren Blick über CO2-Neutralität hinaus. Sie streben danach Verantwortung für ihre historischen Emissionen nach dem Verursacherprinzip zu übernehmen, so Marco Lambertini, der internationale Generaldirektor der Umweltorganisation WWF.
Der Blick in die Zukunft zählt
Ein Problem bei der Verbreitung dieser Praxis ist allerdings, dass es für ein Unternehmen nicht einfach ist, die Emissionen in der Vergangenheit abzuschätzen. Es gibt keine Standardmethode zur Berechnung des historischen CO2-Fußabdrucks. Zusätzlich ist laut Exponential Roadmap gerade der Blick in die Zukunft wichtig. Nur eine sprichwörtlich exponentielle Reduktion der firmeneigenen Emissionen kann eine Reduktion der globalen Treibhausgase bis 2050 ermöglichen.
Walmart setzt daher auf Reduktionsmaßnahmen: Bis 2040 plant das Unternehmen, im weltweiten Betrieb emissionsfrei zu sein, ohne Offsetting zu verwenden. Mit anderen Worten, es strebt tatsächlich „Null“ Emissionen an, keine Netto-Null. Hauptmaßnahme wird dabei der Umstieg auf 100% Erneuerbare.
„Gemeinsam müssen wir als Gesellschaft nicht nur aufhören zu emittieren, sondern auch Kohlenstoff aus der Atmosphäre abbauen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden“
Kathleen McLaughlin, Executive Vice President und Chief Sustainability Officer von Walmart, Präsident der Walmart Foundation.
EU und China setzen neue Klimaziele
Unternehmen erhalten bei der Erstellung ihrer Klimaziele verstärkt Vorgaben durch politische Forderungen. Die EU positioniert sich aktuell als Klimavorreiterin und strebt eine Reduktion der CO2e-Emissionen bis 2050 um mehr als 50% an. Doch gerade macht ihr China diese Position streitig.

Größter CO2-Emitter will bis 2060 klimaneutral werden
Status Quo: Fossile Brennstoffe
Bisher ist China weltweit der größte Kohlendioxidemitter und für rund 28% der weltweiten Emissionen verantwortlich. 2018 und 2019 stiegen sogar die Emissionen des Landes, das bis heute 85% seiner Energie aus fossilen Brennstoffe gewinnt.
Ankündigung: Klimaneutralität
Doch Präsident Xi Jinping kündigte bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York an, sein Land werde seine Spitzen-Emissionswerte vor 2030 erreichen und vor 2060 CO2-neutral sein. Da das Land der Mitte für das konsequente Erreichen seiner politischen Ziele bekannt ist, kann man hier sehr gespannt sein.
Klimawirtschaft versus Klimaziele
Schon heute produziert China 45% aller Windturbinen und über 60% der weltweiten Solaranlagen. KlimaforscherInnen zeigen allerdings, dass China bereits 2030 klimaneutral sein müsste, um mit einer Wahrscheinlichkeit von 66% die globale Erderwärmung unter 1,5°C zu begrenzen. Die EU übrigens 2032.
New Normal: Eine klimaneutrale Wirtschaft für alle
Die Ankündigung Chinas wird nichtsdestotrotz weltweit als wichtiger Schritt der Klimatransformation anerkannt. Die erfolgreiche Umsetzung der chinesischen Klimaziele könnte allein zu 0,25°C weniger Erderwärmung führen. Präsident Xi Jinping forderte außerdem alle Länder auf, nach der Coronavirus-Pandemie eine umweltfreundliche Erholung der Weltwirtschaft zu erreichen.
Stellt sich also die Frage: Wird Washington und der Rest der Welt folgen?